Mit „In the air tonight“ hat sich Phil Collins selbst ein Denkmal gesetzt. Dieser brachiale Drumsound ist legendär. Aber wie hat Collins diesen Sound von Snare, Toms und bei manchen anderen Tracks sogar der Bass-Drum erreicht? Die Signalbearbeitung wie das EQing soll uns dabei nicht interessieren. Das ist ja individuell unterschiedlich. Es geht um den grundlegenden Einsatz der Effekte, um diesen Sound zu erzeugen.
Dieses Beispiel zeigt mal wieder sehr deutlich, dass man keine Angst vor radikalen Einstellungen an Effekten haben sollte. Aber immer schön der Reihe nach.
Dieser angesprochene Sound ist eine Kombination von Reverb, Kompressor und Gate. Welche, genau in dieser Reihenfolge, am Insert des jeweiligen Tracks eingesetzt werden. Für mein Beispiel nutze ich ein paar Plugins von Softube. Den TSAR-1 Reverb, den Summit Audio TLA-100A Kompressor und das Valley People Dyna-mite Gate. Aber man kann natürlich auch die Plugins nutzen, die man selbst auf der Platte hat.
Es handelt sich dabei grob erklärt um die Abwandlung eines „Gated-Reverbs“. Normalerweise wird dabei die Hallfahne gegated, was wir hier auch vorhaben, jedoch mit dem Unterschied, dass wir die Hallfahne vor dem Gate noch komprimieren.
Der Hall
Das Signal geht als erstes in den Hall. Hier wählt man, den eigenen Vorstellungen entsprechend, einen Raum mit einer langen, dichten Hallfahne. Wahlweise eine Hall, eine Cathedral, die berühmte Random-Hall oder auch eine Plate kann recht reizvoll sein. Das Pre-Delay sollte sehr niedrig oder gar auf 0 eingestellt sein und die Nachhallzeit kann ruhig 2 Sekunden oder länger sein. Auch bei diesen und den anderen Parametern ist der eigene Geschmack ausschlaggebend. Also ruhig ein wenig damit experimentieren. Mit dem Mischverhältnis sollte man nicht übervorsichtig sein. Der Transient und das Attack der Instrumente sollten noch schön präsent und „In-The-Face“ bleiben, aber danach kann die Hallfahne einen ordentlichen Anteil der Energie behalten. Ein Mischverhältnis von 70-60% Wet-Anteil ist ein guter Ausgangspunkt, um von sich dort aus dem gewünschten Ziel anzunähern.
Der Kompressor
Danach geht das Signal in den Kompressor. Wir komprimieren also das verhallte Signal samt Hallfahne. Auch hier sollte man nicht zu zaghaft mit den Einstellungen zu werke gehen. Der Threshold kann also ordentlich reduziert werden und ein Ratio von 6:1 bis 10:1 kann es auch ruhig sein. Bei dem TLA-100 Kompressor gibt es diesen Parameter nicht. Ist eben ein LA-2A Klon. Dafür fahre ich hier den Gain ziemlich weit hoch und geize auch nicht mit der Peak-Reduction. Gegebenenfalls müsst ihr den Makeup-Gain des Kompressors wieder etwas aufdrehen, um den Lautstärkeverlust zu kompensieren. Im Ergebnis sollte, bei der Snare zum Beispiel, das nachrascheln des Teppichs und der Hall zu einer Einheit werden. Der Attack sollte relativ kurz und der Release recht lang sein, damit das Signal früh, nach dem Initial-Attack zusammen gestaucht wird und die Kompression bis zum Einsetzen des Gates aufrecht erhalten wird.
Das Gate
Das bringt uns zum letzten Punkt. Das Gate nach dem Kompressor. Was wollen wir erreichen? Das Gate soll diese brachiale, komprimierte Hallfahne abschneiden, sodass es so klingt, als sei die Hallfahne ein Teil des Instrumentes. Da das Signal ziemlich stark komprimiert ist, sollte man sich langsam mit dem Threshold an den optimalen Punkt annähern. Im Falle meines Beispiels, konnte ich den Treshold sogar fast voll aufgedreht lassen, da die harte Kompression dafür gesorgt hat, dass das Signal lange über dem Schwellwert bleibt. Die Range für das Gate sollte wieder recht hoch gewählt werden, damit keine Überhänge entstehen, wenn das Gate zu macht. Auch beim Gate sollte der Attack, sofern das Gate diesen Parameter hat, recht kurz sein, damit es schnell auf macht, aber auch nicht zu kurz, da sonst Knackser entstehen können. Das Release stellt man nun so ein, wie man meint, dass unser „Custom“-Drum Sound ausklingen soll.
Ein paar abschließende Worte
Die Idee dabei ist, dass man Effekte, wie Reverbs, Kompressoren oder Gates nicht nur zur Problemlösung nutzen sollte, sondern diese auch nutzen kann, um, wie in diesem Beispiel, mit extremen Einstellungen kreative Sounds zu erzeugen.
Da bei diesem Beispiel der Kompressor und das Gate ziemlich hart einsetzen, sollte darauf geachtet werden, dass Drums immer mit annähernd der gleichen Energie in den Reverb kommen. Also gegebenenfalls sollten diese schon vorher komprimiert werden, was aber nicht den Kompressor nach dem Hall ersetzt. In diesem Fall würden also auch schon mal 2 Kompressoren auf einer Spur zum Einsatz kommen.
„In the air tonight“ ist nicht der einzige Titel, bei dem diese Art der Bearbeitung bei Collins zur Anwendung kam („Can’t stop loving you“ und „Another Day In Paradise“ zum Beispiel oder „No son of mine“ von Genesis), aber bei weitem die Bekannteste und die mit den radikalsten Einstellungen.
In diesem Sinne….Frohes basteln.